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Mediterranes aus Norddeutschland

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PressespiegelKünstler Pino Polimeno (links), Gino Pinto: Typisch italienische und internationale Kunst in einer Wanderausstellung für ganz Niedersachsen vereint. Fotos: P. Hartmann
HILDESHEIM. Wladimiro heißt er, ist über 90 und eingefleischter Kommunist. In einem Dorf in Kalabrien, ganz unten in Süditalien, ist er Inhaber einer Bar und mit Maria verheiratet. Maria wiederum ist katholisch, sehr katholisch. Dauernd reißt sie die Bilder von Marx und Lenin von der Wand, ersetzt sie durch Heiligenbildchen. - Im gleichen Ort lebt ein Schuster, der nichts als Fußball und vor allem Turin im Kopf hat. Die Dorfbewohner warten oft lange auf Schuh-Reparaturen. Dabei brauchen sie die Schuhe für eines der vielen Heiligenfeste. Die wiederum sind so teuer, dass die Dorfbewohner eine eigene Lotterie zur Finanzierung eröffnet haben - pralle Geschichten wie diese verarbeitet Pino Polimeno, ein Maler aus Kalabrien, in seinen Bildern. ”Ich kann nicht malen, wenn ich nicht solche Geschichten habe“, sagt er. Dabei lebt er seit vielen Jahren in Norddeutschland. Und ist einer von zehn norddeutschen italienischen Künstlern, deren höchst unterschiedliche Werke in einer Wanderausstellung zu sehen sind. Die begann in Niedersachsens Kulturhauptstadt Hildesheim mit einer Vernissage in der Choralei der Marienschule.
Katharina Gärtner spielte Chopin, Günter Helmbold aus der Marienschulleitung erläuterte die Choralei, die man gern für kulturelle Ereignisse zur Verfügung stelle. In Hildesheims ältesten nichtsakralen Raum präsentierte sich ein Stück Italien. Ein Beweis, ”dass Italiener in Hildesheim nicht nur in Eisdielen und Pizzerien vertreten sind“, wie Bürgermeister Henning Blum anmerkte. Es gibt keine italienischen Bilder, ein Künstler hat keine Nationalität, meinte Giuseppe Scigliano. Die Ausstellung sein ein Stück gelungene Integration. Das sah auch Enzo Iacovozzi von der Deutsch-Italienischen Gesellschaft so, der einer der Initiatoren der Schau und der Initiator der Hildesheimer Veranstaltung ist. Er dankte für Unterstützung - auch aus Kreisen der Pizzerien, Ristorante und Eisdielen.
Auf exakt vier Minuten beschränkte sich der Generalkonsul Dr. Antonio Cardelli aus Hannover: Vor vielen Jahren galten Maler noch als Handwerker, die sich wegen der Farbenherstellung in die Zunft der Ärzte und Apotheker einreihten und festen Regeln unterlagen. Heute sei der Künstler frei - aber mit seinen Ängsten und Hoffnungen und dem Ehrgeiz ganz allein - ”ein Fortschritt?“
Der Abend gehörte dem Gespräch mit den Künstlern selbst. Wie Gino Pinto. Beide Eltern sind Italiener, er ist in Deutschland geboren, arbeitet in Wesseln, ist eigentlich Möbeltischler (macht bis heute seine Bilderrahmen selbst) und Autodidakt. Auf eigenwillige Weise setzt er fluoreszierende Acrylfarben und Sprühlacke ein, die Technik hat er selbst entwickelt. Seine Bilder können ebenso ruhig und gelassen wirken wie dramatisch - Beispiel ”Tsunami“. Deutscher, Italiener? Gino Pinto ist sich klar: ”Ich bin Europäer“.

Wenn man Dieter Rammelmair heißt und Italiener ist, muss man aus Südtirol stammen. So ist es. Der Mineraloge malt in seiner Freizeit, arbeitet mit Skulpturen und Monotypien. Die Kunst, sagt er, ist international. Wenn er auch zugibt, dass die Wurzeln des Künstlers da liegen, wo er aufgewachsen ist. Schon, sagt Giuseppe Scigliano, aber die Sprache der Kunst sei international, so wie Gefühle international sind. ”Hass, Liebe, Freundschaft - man lebt als Künstler von Gefühlen.“ Scigliano arbeitet auch als Autor und Dichter.
Sehr unterschiedliche Bilder vereint diese Ausstellung. Sehr mediterrane Motive wie der Blick durch drei Fenster auf eine Landschaft mit Pinien und dem unvermeidlichen blauen Strich am Horizont und reine Strukturen, die vielerlei bedeuten können. Bilder die Geschichten erzählen und Kunst, die Gefühle ausdrückt in kühlem Blau oder in düster-bunten Strukturen. Der Besucher kann auf dem Mond spazieren gehen oder auf einer Stadtstraße in Niedersachsen.
Die Ausstellung ist bis zum 14. Juni in der Choralei der Marienschule zu sehen. Eintritt über das Sekretariat der Schule montags bis freitags von 9 bis 14 Uhr.

Artikel aus "Hildesheimer Allgemeine Zeitung" vom 18.02.2008




Gymnasium Marienschule Hildesheim
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