”Lasst diesen Dom erbeben!“



Mehr als 3000 Musiker erleben Rekord-Bläserklassentreff in Hildesheim
Musik pur gab es auf zehn Bühnen in der Innenstadt zu hören. Hier dirigiert der Organisator Ekkehard Sydow das Orchester der Marienschule.
Fotos: Hartmann
Hildesheim (ph). Marketing pur für die Stadt: Mehr als 3000 jugendliche Musiker, mehr als doppelt so viele Begleiter und andere Gäste erlebten am Sonnabend einen Bläserklassen-Tag aus dem Bilderbuch.
Morgens um neun ist es noch recht kühl. ”Ihr werdet diese Stadt in einen musikalischen Taumel versetzen“, ruft Oberbürgermeister Kurt Machens vor dem Rathaus den Kindern und Jugendlichen zu. Mit einem vom Organisator Ekkehard Sydow komponierten Stück wird der Tag eröffnet, danach ziehen alle auf die zehn Bühnen im Stadtgebiet, auf denen sie den Vormittag über musizieren werden.
Die Bandbreite ist groß und reicht von klassischen bis ganz modernen Stücken aus der ganzen Welt. Erst am späten Nachmittag ziehen alle Musiker gemeinsam Richtung Dom. Die Innenstadt ist voller bunter Kinder, denn im Gegensatz zu Orchestern tragen die Kinder legere bunte T-Shirts meist mit den Aufschriften ihrer Schule. Drei aus Hildesheim sind dabei, neben dem Gastgeber Marienschule die RBG und die Albertus-Magnus-Schule. Auf dem Domhof spielen alle ihre Instrumente warm, aber nicht nur das. Spontan finden sich kleine Gruppen zusammen, spielen ein Stück oder improvisieren. An der Ecke des Generalvikariates steht eine Lehrerin aus Lüneburg und dirigiert eine Kindergruppe aus Hildesheim und Lüneburg, die gemeinsam spielen. Das lockt Weihbischof Hans-Georg Koitz (noch in ”Zivil“) aus seinem Haus heran. ”Tolle Sache“ findet er, muss aber schnell weiter, sich umziehen. Schließlich begrüßt er vom Podium aus die Musiker. ”Jeder weiß, Hannover ist die größte Stadt Niedersachsens,“ sagt er, ”aber die Kulturhauptstadt ist Hildesheim!“ Vereinzelte Buhs (aus Hannover), viel Applaus aber, als Koitz seinen Wunsch äußert: ”Lasst diesen Dom erbeben durch eure Musik!“
Spaß am Auftritt: Marie und Alexandra als ”Pippi Langstrumpf“ passend zur Musik.
”Ihr habt dieser Stadt ein unglaubliches Geschenk gemacht“, sagt Niedersachsens Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann, dankt den Lehrern, ”die euch Begeisterung für die Musik mitgegeben haben“ und wendet sich noch einmal an die Kinder: ”Behaltet diesen Reichtum, ihr werdet ihn ein Leben lang nicht los.“ ”Bigband“ steht hinten auf dem Hemd des Organisators Ekkehard Sydow. Noch nie hat er ein so großes Orchester geführt, jetzt hebt er den Taktstock und mehr als 3000 Musikinstrumente spielen los. ”Frere Jaques“ spielen sie, und einen Hardrock-Blues, das Lieblingsstück ”School Spirit“ und schließlich den Europa-Hymnus aus Eurovisionsmelodie und Beethovens Neunter. ”Kommt gut nach Hause - und kommt wieder“ wünscht Bürgermeister Henning Blum.
Traumwetter, Traummusik, ”es hat sich gelohnt nach Hildesheim zu kommen“ hört man hinterher überall. In der Schuhstraße eine erschöpfte Kindergruppe aus Hannover. Wie fandet ihr den Tag? ”Toll waren die Auftritte in der Stadt“, sagt Nina (11), ”ich war zum ersten Mal dabei, die Atmosphäre war super“ meint Antonia (12), eine ”Klasse-Idee“ findet ihr Vater Dieter Stürzebecher.
Spaß am Domhof: Alle halten ihre Instrumente hoch, die in der Sommersonne glitzern.
Am Markt beginnt abends das Konzert des Landesmusikrates. ”Seit vier Uhr in der Nacht steht Andrea an der Eismaschine“ berichtet Salvatore Gigante vom nahen Eiscafé. ”Ornella und ich hatten seit sieben Uhr keine Pause, wir entschuldigen uns bei allen, die warten mussten - aber es war einfach ein toller Tag.“
Artikel aus "Hildesheimer Allgemeine Zeitung" vom 07.07.2008