Physikstunde bei der Weltmeisterin



Gymnasiasten unterrichten Grundschüler
So funktioniert ein Lautsprecher: Sebastian erklärt, seine beiden Schüler Valentina und Florian sind bei der Sache. Foto: P. Hartmann
Hildesheim (ph). Traumunterricht für Grundschüler aus der Johannesschule: Sie lernen Physik, die Lehrer sind nur ein paar Jahre älter, und auf je zwei Schüler kommt ein Lehrer. Das geht nur, weil die Achtklässler der Marienschule mitspielen und für einen Tag vom Schüler zum Lehrer werden.
”Physik für helle Köpfe“ heißt das Angebot, das der Marienschul-Physiklehrer Dieter Glehn Hildesheimer Grundschulen macht und das die Johannes- und die Elisabethschule angenommen haben. Glehn hat sich die Akustik herausgegriffen, weil die viele Bereiche der Physik umfasst: Magnetismus und Strom etwa, und mit einem anderen Fach hat es auch zu tun: Musik.
Wie ein Lautsprecher funktioniert bringt Sebastian seinen beiden Schülern Valentina und Florian bei. Ein starker Magnet gehört dazu, eine Batterie und ein blankes Kabel, durch das Strom in unterschiedlichen Richtungen fließt. Das alles holt sich Sebastian aus einem feuerroten Experimentierkoffer, den das Kultusministerium und die Stiftung Niedersachsen-Metall gesponsert haben.
”Der ist nett und kann gut erklären“, sagen die beiden kleinen Schüler über den großen. ”Es war interessant, einmal in die Rolle des Lehrers zu schlüpfen,“ sagt der größere Schüler, und über die Kleinen: ”Die beiden kapieren es schnell.“ Bastian fügt noch hinzu: ”Leider habe ich sowas in der Grundschule nie gemacht.“
”Für meine Schüler war bisher Physik ein Fremdwort“, sagt die Lehrerin Gabi Franzmann, die mit ihrer Klasse 4b in der Marienschule ist. Denn die Themen aus der Physik werden im Sachunterricht behandelt. ”Wir decken Bereiche aus dem Kerncurriculum Sachunterricht für die Grundschule ab“, meint Glehn. Für ihn ist wichtig, dass beide Schülergruppen profitieren. Seine Gymnasiasten vor allem, weil sie in eine neue Rolle schlüpfen und lernen können, etwas zu erklären. Den Grundschülern hofft Glehn, mit vielen Experimenten, die sie selbst machen können, Spaß an der Physik zu vermitteln.
Zwei Stunden experimentieren die Schüler mit einfachen Dosentelefonen und echten Lautsprechern, testen ihr neues Wissen mit einem Quiz und amüsieren sich über quietschende Töne. Einige reden ihre Lehrer mit ”Sie“ an, andere merken überhaupt nicht, dass eine frühere Weltmeisterin in diesem Lehrerkollegium ist: Die Hip-hop-Tänzerin Tessa Achtermann.
Das beste Kompliment aber machen die kleinen Schüler den großen, als es zur Pause klingelt. Keiner nimmt das zunächst zur Kenntnis.
Artikel aus "Hildesheimer Allgemeine Zeitung" vom 08.07.2008