Premiere auf dem Wohldenberg


Premiere auf dem Wohldenberg
Neue Bläserklasse der Marienschule spielt im Rahmen einer Märchenaufführung das erste Mal als Orchester
Wie gebannt schaut die 4. Klasse der Grundschule aus Lustringen auf die Bühne: Das Mädchen Vasilisa muss den weiten Weg durch den dunklen Märchenwald zur Hexe Baba Jaga gehen um Feuer zu holen. Dunkle Töne von Tuba und Bariton erklingen und unterstreichen die unheimliche Atmosphäre. Da künden Trompetentöne drei wilde Reiter an: Vasilisa wäre vor Angst vergangen, hätte sie nicht den Segen ihrer Mutter bei sich. Zarte Querflötentöne machen Hoffnung, dass Vasilisa ihren Weg findet.
Auf Einladung der 5d der Marienschule erleben die Grundschüler eine Premiere. Kaum zu glauben: Erst vor gut drei Wochen haben die 32 Mädchen und Jungen aus der 5d als neue Bläserklasse der Marienschule ihre Instrumente das erste Mal in Händen gehalten, 32 ganz normal begabte Kinder - keine kleinen Wundermenschen wie Mozart.
Während einer Projektwoche auf dem Wohldenberg haben sie das erste Mal miteinander als sinfonisches Blasorchester gespielt. Fünf Töne beherrscht inzwischen jeder auf seinem Instrument, das sind Tuba, Bariton, Posaune, Trompete, Saxophon, Klarinette, Querflöte. Die ersten Töne haben sie im Kleingruppenunterricht gelernt. Eine Stunde in der Woche kommen dafür zwei ausgebildete Instrumentalpädagogen der Musikschule Hildesheim - Barry Cloke für die Blechblasinstrumente, Klaus Händel für die Holzblasinstrumente- in die Marienschule.
Mit dem ersten gemeinsam gespielten Ton gehen Motivation und Erfolg als Gemeinschaftserlebnis einher. Konzentriert und gespannt schauen alle Schülerinnen nach vorne zu ihrem Musiklehrer Ekkehard Sydow. Das Instrument halten sie in Spielbereitschaft. Bloß nicht den Einsatz verpassen!
Neben dem Üben des Zusammenspiels setzen die Schülerinnen und Schüler in der ”Märchenwerkstatt“, die von ihrer Klassenlehrerin Monika Mauerhöfer geleitet wird, das russische Märchen ”Vasilisa“ in Szenen um. Welches Instrument passt zu der Stimmung dieser Szene? Wie kann man das Unheimliche in Ton setzen?
Der begeisterte Beifall der Zuschauer bei der ”Uraufführung“ freut die Mädchen und Jungen, aber selbstkritische Äußerungen kommen auch. ”Ein paar Mal haben wir vor Aufregung nicht ganz den Ton bekommen. Ekkehard Sydow tröstet: ”Das ist ganz normal. Das Problem kennen selbst Profis.“ Richtig atmen will auch gelernt sein, und das gehört auch zum Übungsprogramm einer Bläserklasse..
Im Klassenorchester erfahren die Schüler im lebendigen Zusammenspiel Musikpraxis und deren notwendige theoretischen Grundlagen Aber es geht bei dem dahinter stehenden pädagogischen Ansatz um viel mehr:
Seriöse Untersuchungen belegen immer mehr, dass Kinder, die ein Musikinstrument systematisch erlernen, auch in anderen Bereichen davon profitieren. Durch das Üben auf einem Musikinstrument wird die Konzentrationsfähigkeit gesteigert: Körperhaltung, Atem, Lippen und Finger müssen zur rechten Zeit das Richtige tun, damit genau in diesem Moment der richtige Ton klar und deutlich erzeugt wird. Das Musizieren mit anderen erfordert zusätzlich die Konzentration auf die Mitspieler, den Dirigenten und die Noten. Die Folge: die Ausdauer, Konzentrationsfähigkeit und die Merkfähigkeit im Unterricht werden auch in anderen Fächern stärker.
Und noch etwas zeigen die Erfahrungen mit Bläserklassen in Niedersachsen: Teamfähigkeit wird als wichtige Schlüsselqualifikation spielerisch erworben. Einander zuhören, Rücksicht nehmen und sich gegenseitig unterstützen sind bleibende und prägende Erfahrungen.